Stimmübung des Monats Februar: Die Wolken wegschieben

von | Feb 29, 2024 | Stimme | 0 Kommentare

Mit dieser Übung lässt du Körper und Atem weit werden. Sie wärmt die Stimme sanft auf und kann helfen, in Ruhe und Konzentration zu kommen.

Aber das Beste ist, sie nutzt ein Vorstellungsbild, das wir jetzt gerade gut gebrauchen können: die dunklen, tiefhängenden Februar-Wolken wegschieben, damit die Sonne herauskommen kann.

Das Bild

Stell dir vor, über dir ist so ein richtig dunkelgraue, nasse Wolkendecke. Und mit über dir meine ich direkt über deinem Kopf.

Schau nach oben, und dann streck dich einfach mit deinen Armen nach oben und schieb die Wolken auseinander. Dahinter kommt blauer Himmel zum Vorschein! Und auch die Landschaft vor dir erscheint ab jetzt in einem ganz neuen Licht.

Diesen Ablauf machen wir immer wieder. Es ist ok, wenn das Vorstellungsbild dabei zwischendurch schwächer wird. Du kannst dich immer wieder daran erinnern, und für dich entscheiden, ob du dich heute mehr auf die Vorstellung oder mehr auf die Bewegung, den Atem oder den Ton konzentrieren willst.

Die Bewegung

Achte beim Wegschieben der Wolken darauf, dass deine Arme und Schultern locker bleiben. Die Bewegung soll klar und entschieden sein, aber nicht anstrengend. Stell dir vor: Die Wolken leisten dir keinen Widerstand, sie lassen sich ganz einfach wegschieben.

Außerdem kannst du darauf achten, dass etwas Spannung in deinen Fingern ist. Das macht die Bewegung klarer und verstärkt die erfrischende Wirkung.

Wenn es für deinen Nacken anstrengend ist, immer wieder nach oben zu gucken, kannst du dir die Wolken auch vor dir vorstellen. So auf Augenhöhe zum Beispiel. Dann greifst du nach vorne, anstatt nach oben.

Das Strecken und wieder sinkenlassen kann sich in den ganzen Körper übertragen. Also nicht nur in den Armen lang werden, sondern überall, bis in die Füße hinein. Und danach überall sinken lassen und entspannen.

Der Atem

Vielleicht hast du beim Nach-Oben-Strecken intuitiv eingeatmet. Vielleicht auch aus. Beides ist möglich.

Mach jetzt einige Wiederholungen und achte darauf, dass Atem und Bewegung einen gemeinsamen Rhythmus finden. Dabei führt der Atem und die Bewegung folgt.

Wenn du die Wolken weggeschoben und die Arme wieder sinken gelassen hast, darf es einen Moment der völligen Entspannung geben.

Fun Fact:
Ich habe damals, in meiner Ausbildung, noch gelernt, dass das Gehirn einen neuen Einatemimpuls losschickt, wenn zu wenig Sauerstoff im Blut ist. Tatsächlich ist es aber so, dass der CO2-Gehalt ausschlaggebend ist. Wenn sich zu viel CO2 im Blut befindet, gibt es einen neuen Einatemimpuls. Und in dem neuen Atemzyklus wird dann Sauerstoff aufgenommen und CO2 abgegeben. Das passt zu den Wolken! Nach dem Ausatmen sammeln sich neue Wolken über deinem Kopf (stellvertretend für CO2). Und mit dem nächsten Atemzyklus schiebst du sie weg.

Die Stimme

Hast du deinen Rhythmus gefunden? Fühlt sich die Übung gut an? Dann mach den Ausatem hörbar, indem du auf ein stimmloses s (wie in Fuß) ausatmest.

Nach einer Weile kannst du das stimmlose durch ein stimmhaftes s (wie in Sahne) ersetzen.

Zum Schluss sprichst du anstelle des s das Wort „Sonne“, und zwar immer wieder, einen ganzen Atemzug lang: „Sonne Sonne Sonne Sonne Sonne Sonne…“. Dabei ist es wirklich vollkommen egal, wie viele Male du Sonne sagst. Denk es dir eher so, als würdest du das, was du da machst, benennen. Du machst, dass die Sonne scheint. ☀️

Woher kommt das Wolkenschieben?

Diesen Übungsablauf habe ich schon bei verschiedenen Sprecherzieher*innen aus verschiedenen Richtungen gesehen. Ich kenne ihn vor allem aus der Arbeitsweise Schlaffhorst-Andersen. Dort habe ich ihn allerdings ohne Vorstellungsbild kennengelernt. Für das Bild vom Wolken-Wegschieben danke ich meiner Kollegin Marit Fiedler von der Hochschule für Musik und Theater in Rostock.

Das bewirkt das Wolkenschieben

Beim Wolkenschieben finden Prozesse auf mehreren Ebenen statt, die die Stimmfunktion positiv beeinflussen.

  • Die Durchblutung wird angeregt.
  • Die Aufrichtung wird verbessert.
  • Der Atem wird tief und ruhig.
  • Die Atemstütze wird trainiert und der Stimmklang verbessert.
  • Die Artikulation der Zischlaute wird trainiert, Lippen und Zunge werden schon etwas aufgewärmt.
  • Die Stimme bekommt ein sanftes Warm-Up.
  • Die Vorstellung einer schönen, sonnigen Landschaft macht (vielleich) ein Wohlgefühl. Wohlgefühl ist IMMER gut für die Stimme!

Das Wolkenschieben ist also ein Rundum-Talent! Du kannst es kurz machen, z. B. 3x nur atmen, 3x stimmloses s, 3x stimmhaftes s, 3s Sonne. Oder du nimmst dir Zeit und erforschst jeden Schritt ganz bewusst.

Es gibt auch noch verschiedene Ergänzungen – mit anderen Lauten, anderen Bildern oder anderen Bewegungen. Die kannst du gerne bei mir im Sprechtraining kennenlernen. 😉

Für den Anfang hast du mit dem Wolkenschieben aber schon eine vielseitige und sehr kraftvolle Übung. Verwende sie gerne in deiner Stimmroutine oder in deinem Aufwärmprogramm. Achte dabei immer gut auf dich und auf deine Stimme: Was sich leicht, locker und wohlig anfühlt, ist meistens richtig.

Übrigens: Ab dem 6. April kannst du meine Stimmarbeit live in Münster erleben – in meiner Workshopreihe Stimme.

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