Ich stimme! Wie Du Deiner Stimme und Dir selbst etwas Gutes tust. – Herz & Zunge Folge #007

von | Mai 16, 2022 | Herz & Zunge, Stimme | 0 Kommentare

Dieser Artikel ist in Anlehnung an die 7. Folge des Herz & Zunge Podcasts entstanden, den ich gemeinsam mit Lena Bodenstedt hoste.

„Ich stimme.“ Ein komischer Satz, oder? Was haben wir uns da nur bei gedacht…

Lena und ich haben unsere Podcastfolge so genannt. Wir finden nämlich, dass in diesen zwei Wörtern eine ganze Menge spannende Ideen drin stecken.

Hier mal ein paar Beispiele für Dich:

1. Empowerment: „Stimmen“ hat unter anderem die Bedeutung „richtig sein“ – stimmt´s? „Ich stimme“ könnte also heißen: „Ich bin richtig so, wie ich bin. Mit mir ist alles in Ordnung. Und mit meiner Stimme auch.“ Diese Bedeutung mag ich sehr, weil sie so bestärkend ist. Sie nimmt uns den Druck, irgendwie anders sein zu wollen oder zu „müssen“.

2. Persönlichkeit: Muss man „ich Stimme“ denn als Satz lesen? Könnte es nicht auch die „Ich-Stimme“ sein? Und was für eine Stimme wäre das? Wenn Du ganz mit Dir im Einklang bist, und in Deiner Stimme etwas von Dir sichtbar wird, wäre das vielleicht eine Ich-Stimme?

3. Brücke zwischen innen und außen: Die Stimme entsteht erstmal innen. In Dir. Es beginnt mit einer Idee, die Du zum Ausdruck bringen willst. Dann kommt Dein Atem, der im Körper schwingt. Und dann? Dann geht er als Ton hinaus in die Welt und berührt jemanden. In diesem Ton zeigt sich etwas von Dir, so wirst Du für andere sichtbar, hörbar und fühlbar. Insofern ist die Stimme eine Brücke. Sie verbindet Deine innere Welt mit den Welten um Dich herum.

Meine Stimme ist in mir. Und ich bin in meiner Stimme.

Auf diese Sichtweise bin ich übrigens in Isabell Honigs Gruppenprogramm SELF & SOUND gekommen. Isabell ist Stimmcoach und hat mit uns an unserer Sichtbarkeit durch die Stimme gearbeitet. Die Worte „Ich stimme“ waren ein Impuls in ihrem Kurs. Für mich wurde daraus der Satz: „Meine Stimme ist in mir. Und ich bin in meiner Stimme.“

Das bringt die Brückenfunktion der Stimme zum Ausdruck und es zeigt, wie eng die Stimme mit uns verbunden ist. Deshalb ist sie so sensibel – sie reagiert auf innere Prozesse wie zum Beispiel, was Du über Dich denkst und wie Du Dich fühlst, aber auch auf äußere Faktoren. Um diese Zusammenhänge geht es hier. Und darum, wie Du Dir und Deiner Stimme etwas Gutes tun kannst.

Hier kannst du dir die Folge anhören.

Wann fühlst Du Dich wohl mit Deiner Stimme?

Erstmal haben Lena und ich überlegt, wann wir uns mit unseren Stimmen wohlfühlen. Für mich ist das besonders dann, wenn ich mit Freude und Begeisterung spreche und definitiv dann, wenn Lachen im Spiel ist. Das hört man einfach sofort in meiner Stimme und ich mag diesen hellen, vielschichtigen Klang sehr gerne. Für Lena ist es dann, wenn sie auf der Bühne steht. Sie ist dann zwar etwas aufgeregt – aber die Aufregung hemmt sie nicht, sondern gibt ihr Kraft und Präsenz. Ihre Stimme ist dann voll und kräftig.

Außerdem geht es uns beiden so, dass das Sprechen sich dann ganz leicht anfühlt. Es passiert fast von selbst und ist mit keinerlei Anstrengung verbunden. Das ist immer ein gutes Zeichen bei der Stimme. Wenn es sich leicht anfühlt, machst Du alles richtig!

In anderen Situationen fühlen wir uns dagegen gar nicht wohl mit unseren Stimmen. Dann klingen sie leiser, weniger voll und das Sprechen ist deutlich anstrengender. Das passiert zum Beispiel, wenn…

  • Wir unter Druck stehen (zum Beispiel in einer Prüfung)
  • Wir unsicher sind
  • Wir uns unwohl mit der ganzen Situation fühlen

Diese Faktoren beeinflussen Deine Stimme

An diesen Beispielen siehst Du schon, wie sehr die Stimme auf das reagiert, was in Dir bzw. um Dich herum passiert. Diese Einflüsse schauen wir uns mal genau an. Manche von ihnen sind ganz leicht zu verändern, bei anderen ist schon etwas mehr Arbeit erforderlich.

Äußere Faktoren die einen Einfluss auf Deine Stimme haben können:

  • Luftqualität – frische, leicht feuchte Luft tut der Stimme gut, Heizungsluft, Pollen und Staub nicht so
  • Viel trinken, Pausen und Bewegung sind gut für Dich und Deine Stimme
  • Körperhaltung – Deine Stimme braucht Raum: aufrecht sitzen tut ihr gut, eine gekrümmte Haltung engt sie ein
  • Kleidung – alles, was am Bauch zu eng ist, schränkt Deinen Atem und damit auch Deine Stimme ein
  • Situation – je wohler und sicherer Du Dich in einer Situation fühlst, desto freier und voller klingt Deine Stimme. Hier wirken äußere und innere Faktoren ganz stark zusammen
  • Gesellschaftliche Strukturen, zum Beispiel die Vorstellungen, wie „Männer“ und „Frauen“ sprechen sollten

Innere Faktoren, die einen Einfluss auf Deine Stimme haben können:

  • Deine Stimmung in diesem Moment, Deine Gedanken und Gefühle
  • Die Erfahrungen, die Du bisher gemacht hast
  • Deine Erwartung, was in dieser Situation passieren wird
  • Dein Anspruch an Dich selbst

Der Körper trägt und unterstützt die Stimme

Die Wirkung der äußeren Faktoren möchte ich Dir am Beispiel der Körperhaltung erklären. Wenn ich viel am Schreibtisch arbeite, merke ich oft, wie meine Stimme im Lauf des Tages immer mehr an Klang und Leichtigkeit verliert. Wenn ich ganz genau hinspüre, was zeitgleich in meinem Körper passiert, ist das auch nicht verwunderlich: mein Rücken ist gekrümmt, die Schultern nach vorn gezogen, oft lehne ich mich noch dazu nach vorne, sodass die Tischkante in meinen Bauch drückt. Der Kopf wird dabei nach vorne in Richtung Bildschirm geschoben. So entstehen immer mehr Spannungen, die ich in Schultern und Nacken auch deutlich spüren kann.

Das Gegenmittel: immer wieder pausieren, aufstehen und mich bewegen. Vielleicht einen Spaziergang machen oder ein bisschen zum Radio in der Küche tanzen. Und vor allem: mit meinen körperlichen Empfindungen in Kontakt bleiben. Immer wieder hinspüren, damit ich den Spannungen schon ganz früh begegnen kann.

Der eigene Anspruch kann Druck erzeugen

Die inneren Faktoren sind natürlich sehr vielfältig. Hier möchte ich besonders auf den eigenen Anspruch eingehen. Dem bin ich nämlich selbst erst vor Kurzem begegnet.

Wie Du vielleicht weißt, bin ich ausgebildete Sprecherzieherin. Das professionelle Sprechen von Texten, zum Beispiel vor dem Mikrofon, war also Teil meiner Ausbildung. Trotzdem oder gerade deswegen fiel es mir in der letzten Zeit schwer. Es war anstrengend (kein gutes Zeichen), ich brauchte zig tausend Takes und mit den Ergebnissen war ich auch nicht wirklich zufrieden.

Mit der Hilfe von Isabell und ihrem Kurs wurde mir dann bewusst, dass ich mir beim Aufnehmen eine ganze Menge Druck machte. Ich hatte das ja gelernt, also müsste ich es doch können. Wenn etwas nicht nach Plan lief, war ich direkt verunsichert und habe mich noch mehr unter Druck gesetzt. Ich war also in einer Negativspirale aus Ängsten und Erwartungen gefangen. Darüber hätte ich fast den Spaß am Sprechen verloren.

Die Freude am Sprechen zurückgewinnen

Aber in dem Moment, als mir dieser Druck bewusst wurde, konnte ich etwas tun. Ich habe mich mit meinem Anspruch beschäftigt und mir wieder klar gemacht, warum ich Texte sprechend gestalten möchte – weil es meine absolute Lieblingsbeschäftigung ist! Es macht mir Spaß und ich habe das früher so sehr genossen. Indem ich mich daran erinnerte, konnte ich den Fokus wieder auf die Freude am Sprechen legen.

Einen freundlichen Blick auf die Stimme entwickeln

Außerdem habe ich es geschafft, eine freundlichere Haltung mir und meiner Stimme gegenüber einzunehmen. Wenn meine Stimme mal nicht so klingt, wie ich das gerne hätte, dann frage ich mich:

Was würde mir jetzt gut tun?

Ich gestalte den Prozess so, wie es für mich am Besten ist. Manchmal heißt das, dass ich beim Einsprechen ganz viele Pausen mache. Manchmal heißt es, dass ich es nicht heute, sondern morgen mache. Oder dass ich vorher noch eine Runde Yoga oder Stimmübungen mache. Das kann für jede*n etwas ganz eigenes sein. Und wenn ich mal nicht so auf der Höhe bin und meine Stimme spiegelt das, dann ist das auch ok.

Alles, was Dir gut tut, tut auch Deiner Stimme gut

Manchmal sind es übrigens gar nicht die stimmspezifischen Dinge, die Deiner Stimme gut tun. Klar, regelmäßig Stimmübungen zu machen und an Deiner Technik zu arbeiten ist toll! Aber noch wichtiger ist, dass Du lernst, Deine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen.

  • Was brauche ich jetzt?
  • Was tut mir jetzt gut?
  • Was möchte meine Stimme?

Denn: je wohler und sicherer Du Dich fühlst, desto freier und wohlklingender ist auch die Stimme.

Ob es nun ein ausgedehnter Spaziergang ist, ein Gespräch mit einer vertrauten Person, oder ob Du Dir den richtigen Platz im Raum und die richtigen Zuhörer*innen suchst – das darfst Du ausprobieren. So lernst Du Dich und Deine Stimme immer besser kennen.

Hast Du Lust, noch mehr darüber zu lesen, wie Du mit Deiner Stimme Brücken bauen kannst? Möchtest Du konkrete Übungen kennenlernen? Schreib es mir gerne in die Kommentare! Ich freue mich immer sehr über Fragen, die ich dann in weiteren Artikeln beantworten kann.

Diesen Artikel kannst Du schonmal als Einführung in das Thema Stimme betrachten 🙂

Alles Liebe
Paula

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