Dieser Artikel ist an die 18. Folge des Herz & Zunge Podcasts angelehnt, den ich gemeinsam mit Lena Bodenstedt hoste.
Der ganz besondere Aufregungs-Kick für Kommunikation: ins Gegenüber verliebt oder verknallt sein! Alles ist so schön und gleichzeitig kann es auch so schrecklich sein… In der aktuellen Folge haben Lena und ich überlegt, wie man dieser besonders herausfordernden Situation kommunikativ begegnen kann.
Es geht unter anderem darum, authentisch zu bleiben, klar zu kommunizieren und Grenzen zu setzen. Uns hat die Folge ganz besonders viel Spaß gemacht – ein schöner Abschluss für die zweite Staffel 🙂.
Du magst lieber hören als lesen? Hier kannst du dir die Folge anhören.
Verliebt kommunizieren – was daran schön und schwierig ist
Ja, du hast richtig gelesen: die zweite Staffel von Herz & Zunge endet mit dieser Folge. Deshalb wollten wir gerne über etwas Schönes sprechen. Etwas, das mit Spaß, Aufregung und Freude verbunden ist, und wozu vielen unserer Hörer*innen eine eigene Geschichte einfällt.
Als erstes denken wir darüber nach, wie das für uns ist: mit einer Person zu sprechen, in die wir verliebt sind. Was ist daran besonders schön? Und was besonders schwierig?
Übrigens: Mit „verliebt“ meinen wir an dieser Stelle das Gefühl ganz am Anfang. Wenn alles noch neu und ganz furchtbar aufregend ist. Lena verrät, dass sie diesen Zustand sonst eher als „verknallt“ bezeichnet.
Schön finden wir am verliebten Kommunizieren:
- Das Aufregende: die Schmetterlinge im Bauch, und dass man sich ins Unbekannte vortastet.
- Das grenzenlose Interesse aneinander und die tiefen Gespräche, die man in dieser Zeit führen kann. Das Entdecken von Gemeinsamkeiten!
Und das ist besonders schwierig für uns:
- Wenn du in jemanden verliebt bist, willst du, dass die Person dich auch mag. Du wünschst es dir, weißt aber anfangs noch nicht, ob es wiklich so ist. Und das kann ganz schön unsicher machen!
- Außerdem ist es gar nicht so einfach, in diesem Zustand authentisch zu bleiben. Schließlich wollen wir der anderen Person ja gefallen…
- Es passiert so viel, was sich deiner Kontrolle entzieht. Du bist unsicher. Guckst hin, obwohl du weggucken willst oder guckst weg, obwohl du hingucken willst. Kann sein, dass du ständig lächeln musst und alle dich darauf ansprechen, aber die Person, die du gut findest, merkt es nicht.
Bloß nichts anmerken lassen?
Zu dem letzten Punkt habe ich eine Geschichte. Das ist schon ein bisschen her, es war am Anfang meiner Studienzeit, in einem Seminar zum Thema „Körpersprache“. Da bekamen wir folgende Aufgabe:
Die Gruppe wurde geteilt. Eine Hälfte blieb sitzen und schaute zu. Ich war in der anderen Hälfte. Wir gingen in die Mitte und zogen je einen Zettel mit einem Gefühl. Klar, was auf meinem stand, oder? „Verliebt“.
Dann sollten wir uns als Gruppe zusammenstellen und alle spielten das Gefühl von ihrem Zettel. Anschließend teilten die Beobachter*innen ihre Eindrücke und rieten, wer welches Gefühl hatte.
Glaubst du, irgendjemand wäre darauf gekommen, dass ich „Verliebtheit“ gespielt hatte? Dabei hatte ich mich genau so verhalten, wie ich es im echten Leben tat, wen ich verliebt war. „Traurig“ ist die Antwort, an die ich mich noch erinnern kann. Fail! Und ein echtes Problem, wenn man wirklich verliebt ist.
Tatsächlich kann ich mich an mehrere tragische Liebesgeschichten aus dieser Zeit erinnern. Das Problem war immer, dass eine Person von uns beiden nicht wusste, dass die andere in sie verliebt war. In beiden Richtungen. Ich war offensichtlich weder gut darin, die Signale bei anderen zu erkennen, noch sie selbst auszusenden.
Aber in dieser verbreiteten Formulierung steckt schon der erste Denkfehler! Geht es wirklich um ein bewusstes „Aussenden von Signalen“?
Körperausdruck ist keine Sprache im eigentlichen Sinne – wo ganz bestimmten Zeichen eine feste Bedeutung zugeordnet ist. Nein, es ist mehr ein Zulassen. Zulassen, dass von dem, was ich innerlich fühle – den Schmetterlingen, der Zuneigung und Verwirrung – etwas nach außen dringt. Durch meinen Körper, meine Stimme, meinen Blick. Und vielleicht auch durch mein Handeln.
Ich erinnere mich noch daran, wie mich diese ganzen Empfindungen damals verunsichert haben, und wie viel Wert ich darauf gelegt habe, dass man sie mir nicht anmerkt. Ich empfand es als peinlich, mich so zu zeigen. Ganz besonders die Vorstellung, dass meine Gefühle unerwidert bleiben könnten! Das fühlte sich extrem verletzlich an.
Also: Alles schön unter Kontrolle halten! Mit dem Ergebnis, dass meine „Angebeteten“ nichts von meiner Zuneigung mitbekamen.
Die große Herausforderung: authentisch bleiben
Es führt also kein Weg daran vorbei, wenn du nicht in der gleichen Lage landen willst, wie ich damals: Lass deine Aufregung zu. Lass zu, dass es andere merken und gehe MIT den Schmetterlingen im Bauch in den Kontakt.
Tatsächlich ist es ähnlich wie bei der Aufregung, die wir oft vor Vorträgen oder Auftritten haben. Sie ist da, sie gehört zu dir, und sie wird erst weniger, wenn du es trotzdem tust. Du musst sie mitnehmen und zulassen, dass Andere sie eventuell wahrnehmen. Meist sind die äußeren Anzeichen jedoch so unscheinbar, dass sie nicht weiter auffallen, obwohl sie sich riesig anfühlen. So wie bei mir damals auch 😌.
Man kann also sagen, dass die Schmetterlinge der Verliebtheit eine Art mega Lampenfieber unter ganz besonderen Vorzeichen sind. Und die andere Person ist dein Publikum. Ihr willst du gefallen, bei ihr willst du in Erinnerung bleiben, ja klar: von ihr „willst du was“.
Das zuzulassen, ist eine Form von Authentizität. Etwas, wo du spürbar wirst für die andere Person. Wo der Funke überspringen kann (herrlich, was dieses Thema mit den Metaphern macht). Es ist natürlich ein Risiko dabei. Aber im Risiko steckt die Chance, dass etwas passiert. Dass es funkt ☺️.
Taste dich langsam heran
Geht es dir auch so, wenn du verliebt bist, dass schon die kleinste Annäherung furchtbar aufregend ist? Sich gegenüberstehen? Im Vorbeigehen „Hallo“ sagen?
Dazu erzählt Lena eine Geschichte aus ihrer Studienzeit. In einer Vorlesung gab es eine Person, die ihr auffiel – und umgekehrt. Die beiden warfen sich jedesmal aus der Ferne Blicke zu, hatten aber noch nie miteinander gesprochen. Irgendwann liefen sie sich dann draußen über den Weg und die andere Person sagte etwas zu ihr. Lena hat es aber nicht verstanden und ist in ihrer Überforderung einfach weggefahren.
Schön finde ich an ihrer Geschichte, dass es beiden schwergefallen ist, ein Gespräch anzufangen – so deute ich es zumindest. Ich denke, dass die andere Person auch aufgeregt war und deshalb etwas leise oder undeutlich gesprochen hat.
Wenn dir auch schon der kleinste Schritt auf dein Gegenüber zu schwer fällt, kann es helfen, dich heranzutasten. Nimm dir also nicht gleich das zweistündige Kaffeedate vor, sondern etwas Kleines. Vielleicht ist der erste Schritt wirklich ein „Hallo“ oder die Frage nach etwas Pragmatischem. Nach dem Weg oder etwas aus eurem gemeinsamen Kontext, oder ob die Person dir mal eben kurz helfen kann.
Wenn du Ideen für den Gesprächseinstieg brauchst, kannst du außerdem in unsere Smalltalk-Folge reinhören. Vielleicht merkst du auch, dass dir der Small Talk (eh schon schwer), wenn du verliebt bist, noch schwerer fällt. Eine Gesprächspause zum Beispiel kann dann noch verunsichernder sein als sonst. Klar, es sind schließlich Gefühle im Spiel, und du möchtest unbedingt einen guten Eindruck machen. Versuch, dir diese Dinge bewusst zu machen und sei nachsichtig mit dir, wenn deine (verliebte) Menschlichkeit durchscheint.
Außerdem kannst du dich an folgendes erinnern: Wenn man sehr aufgeregt ist, hat man eine andere Zeitwahrnehmung. Man glaubt, dass die Zeit schneller vergeht, und eine Pause fühlt sich dadurch länger an, als sie ist.
„Will ich das wirklich?“
Lena erzählt in der Folge, dass sie sich in der Kennenlernphase früher manchmal ein bisschen verstellt hat, um ihrem Gegenüber zu gefallen. Sie hat dann zum Beispiel bestimmte Bücher gelesen, die die andere Person mochte, sie aber eigentlich nicht so sehr.
Heute kennt sie das schon und stellt sich deshalb immer wieder die Frage: „Will ich das wirklich selbst oder mache ich das nur, um jemandem zu gefallen?“ Hier darfst du wirklich ehrlich zu dir sein. Wer dich mag, nimmt dich nämlich genau so wie du bist – und findet eure Unterschiedlichkeiten vermutlich sogar spannend 🙂.
Etwas unternehmen
Und wenn das allererste Eis gebrochen ist? Dann habe ich noch einen Tip! Etwas zusammen zu machen fällt mir oft leichter als nur zu reden. Ob es ein neues Kochrezept ist, das ihr ausprobiert, die Inventur in der Bibliothek (eine echte Geschichte aus meinem Freund*innenkreis ❤️), das Öffnen der Sektflaschen für eine Party (auch echt) oder einfach „nur“ ein gemeinsamer Spaziergang.
Die Vorteile solcher Aktionen sind zum Beispiel:
- Ihr müsst euch nicht die ganze Zeit in die Augen schauen. Wenn ihr spazieren geht oder zusammen an etwas arbeitet, guckt ihr vermutlich beide in die gleiche Richtung.
- Ihr bekommt immer wieder neue Impulse für euer Gespräch. Ein Baum, Haus, Tier, an dem ihr vorbeispaziert, der Sektkorken, der an die Decke fliegt, das Brot, das im Ofen vergessen wurde…
- Ihr trefft eure allerersten gemeinsamen Entscheidungen! Abbiegen oder weitergehen? Eis oder Kaffee? Chili oder Salz? Dabei erfahrt ihr gleichzeitig etwas übereinander und entdeckt Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Klar kommunizieren, von Anfang an
Am Anfang, wenn man verliebt ist, aber sich noch nicht so gut kennt, gibt es viel Unsicherheit.
- Wie sehr magst du mich?
- Suchst du überhaupt eine Beziehung?
- Und was bedeutet das für dich?
Für manche ist gerade diese Ungewissheit reizvoll. Aber irgendwann entwickelst du vielleicht den Wunsch, es genauer zu wissen. Wir finden, dass man, auch wenn man ineinander verliebt ist, ruhig von Anfang an ganz klar über seine Wünsche und Bedürfnisse sprechen kann.
„Ich mag dich und ich würde dich gerne nochmal treffen.“ – Diese Klarheit herzustellen, braucht Mut. Du weißt nicht, was kommt. Du riskierst es, abgelehnt zu werden, oder… Oder es klappt und dein Gegenüber möchte dich nochmal treffen. Dieses ODER ist das Entscheidende hier. Die Chance, für die es sich lohnt, aufs Ganze zu gehen.
Und wenn die andere Person noch nicht so weit ist? Wenn sie es noch nicht so genau weiß oder Angst hat vor dieser Klarheit? Im besten Fall ist sie mutig und sagt es dir. Dann kannst du dich darauf einstellen und musst weniger spekulieren.
Vielleicht antwortet sie auch nett und merkt später erst, dass sie sich doch noch unsicher ist – dann ist der Weg zur Klarheit ein bisschen länger. Trotzdem hast du den Anfang gemacht und etwas wichtiges gezeigt: dass du dir Klarheit wünschst und bereit bist, offen über deine Gefühle zu sprechen.
Denn Sachen klar ansprechen, finden wir, ist ein absoluter Gamechanger.
Wenn eine*r dann doch nicht will…
Jetzt sind wir die ganze Zeit davon ausgegangen, dass du in die andere Person verliebt bist. Aber was, wenn es umgekehrt ist? Sagen wir, ihr habt euch ein bisschen kennengelernt, und die andere Person zeigt ernsthaftes Interesse, während du immer stärker spürst, dass du nichts von ihr willst.
Diese Situation habe ich schon oft bei meinen Freund*innen erlebt. Und ich bin der festen Überzeugun, dass Klarheit GOLD wert ist. Für dich genauso wie für die andere Person!
Meine Freund*innen haben das auch so gesehen – in der Theorie. In der Praxis fiel es ihnen richtig schwer, zu sagen, dass sie sich nicht mehr treffen wollen. Sie gingen davon aus, dass sie die andere Person verletzen würden. Aber durch ein klares „Nein“ weiß die andere Person, was los ist. Sie kann das Erlebnis verarbeiten und sich, wenn sie soweit ist, wieder auf die Suche machen.
Wäre es da nicht leichter, sich einfach nicht mehr zu melden? Nicht wirklich! Auch wenn ihr keinen Kontakt mehr habt, werdet ihr beide noch lange über die Geschichte nachdenken. Du hast vermutlich ein schlechtes Gewissen, und die andere Person wartet. Sie muss viel mehr Unsicherheit, Zweifel und Spekulationen aushalten, nur um irgendwann doch zu ahnen, dass es vorbei ist. Ganz komisch ist es, wenn man sich später dann noch einmal über den Weg läuft.
Hier gilt, was ich vor kurzem in der Arbeit mit Pferden noch einmal lernen durfte: Ein Nein ist hilfreich. Und zwar für beide Seiten!
Grenzen setzen in einer Beziehung
Grenzen setzen ist natürlich auch später noch wichtig – jenseits der allerersten Verliebtheit. Auch da kann es schließlich mal Phasen geben, in denen man nicht so viel Nähe haben kann und sich zurückziehen, den eigenen Interessen nachgehen möchte. Das ist völlig normal (bei uns Intros ja sowieso 😉). Und auch dabei hilft es euch beiden, ganz klar darüber zu reden.
„Ich möchte grade für mich sein. Es hat nichts mit dir zu tun, ich hatte einen anstrengenden Tag und mir ist nach Ruhe.“ Der zweite Satz hilft deiner Partner*in, nicht zu spekulieren und sich selbst in Frage zu stellen.
Ich bin der Meinung, dass es sehr ermächtigend sein kann, die eigenen Bedürfnisse kennen und aussprechen zu lernen. Es gibt dir das Gefühl, für dich einzustehen. Anstatt zu warten, dass jemand anders erkennt, was du brauchst, nimmst du dein Leben selbst in die Hand.
Manchmal braucht es natürlich auch Zeit, sich der eigenen Gefühle erstmal bewusst zu werden. Aber auch dann kannst du transparent sein, zum Beispiel in dem du sagst: „Ich bin durcheinander. Ich fühle so viel, das kann ich noch gar nicht benennen.“
Wunderbare Beispiele, wie man schlecht kommuniziert, gibt es übrigens in US-Serien. Lenas Geheimtipp ist „Suits“ Wenn die Figuren da über alles reden könnten, würde sich die Handlung wohl auch nicht so zuspitzen 😅.
Sorge vor den Gefühlen des Gegenübers?
Woher kommt eigentlich diese Angst davor, Grenzen zu setzen? Ich denke, das hat viel mit den Gefühlen zu tun, die wir damit bei anderen auslösen (könnten). „Meine Partner*in hat sich doch auf den Abend gefreut. Sie ist bestimmt enttäuscht. Ich will sie doch nicht verletzen!“
Lena hat dazu die Geschichte von der Pflanze ihres Mitbewohners erzählt. Nicht direkt eine Liebesgeschichte, ok, aber als Beispiel durchaus geeignet. Also:
Lena macht im Sommer gerne Durchzug in der Wohnung. Alle Fenster auf, auch das von ihrem Mitbewohner natürlich. Damit sie nicht zuschlagen, werden sie mit Pflanzen befestigt. Ihr Mitbewohner hatte wohl schonmal Bedenken angemeldet, ob das auch wirklich sicher sei. „Auf jeden Fall“, sagte Lena. Bis dann eines Tages die Pflanze verschwunden war. – Aus dem Fenster gefallen 😬.
Es hat sich zum Glück niemand dabei verletzt. Die Pflanze sah ein bisschen ramponiert aus, und der Topf war kaputt. Lena hat dann einen neuen Topf gekauft und ihrem Mitbewohner alles gesagt. Ganz leicht fiel es ihr zwar nicht, aber es war am Ende weniger schlimm als erwartet.
Hätte Lena den Vorfall nicht angesprochen, wäre es mit Sicherheit unangenehmer geworden. Das kann man sich ganz bildlich vorstellen: alle Scherben unter den Teppich, und irgendwann tritt der Mitbewohner drauf. Ein lautes Knirschen. Und dann schlägt er den Teppich hoch.
Weißt du, was mir daran besonders gut gefällt? Lenas Haltung gegenüber den Gefühlen, die sie (vermutlich) bei ihrem Mitbewohner auslösen würde. Sie wusste, da wird etwas kommen, und sie konnte es verstehen. Also sagte sie sich folgendes:
„Ich mache es jetzt wie eine Superheldin. Ich stelle mich da hin und lasse die Pfeile auf mich einprasseln.“
Das werde ich mir definitiv merken!
Schlussworte
Verliebte Kommunikation ist aufregend und schön und manchmal schrecklich – aber in erster Linie aufregend und schön 😇. Es ist im Grunde auch nur Kommunikation – mit einer extra Prise Herzklopfen und Kompliziertheit.
Einen herzlichen Gruß aus der Sommerpause von Herz & Zunge. Ich sage dir Bescheid, wenn es weitergeht!
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