Hörst du dir deine eigenen Sprachnachrichten an? Oder vermeidest du das, weil der Klang deiner eigenen Stimme dir irgendwie… nicht so ganz geheuer ist?
Wer nicht daran gewöhnt ist, sich selbst aus einem Lautsprecher zu hören, hat dieses Gefühl oft. Dafür gibt es eine schlichte (und irgendwie schöne) physikalische Erklärung. Los geht´s!
Schallwellen wandern durch die Luft
Wenn du sprichst, erzeugst du mit deiner Stimme Schallwellen. Das sind Druckschwankungen in der Luft, die du dir so vorstellen kannst wie die Ringe, die sich auf einem Teich bilden, wenn du einen Stein hineinwirfst.
Die Schallwellen entstehen im Kehlkopf und wandern von dort durch Hals, Rachen, Mund und Nase nach draußen. Dabei versetzen sie das Gewebe drumherum in Schwingung – die sogenannte Resonanz, die den Ton verstärkt und ihm seinen einzigartigen Klang gibt.
Draußen breiten sie sich in der Luft um dich herum aus. Wenn sie auf eine Wand oder einen Gegenstand treffen, kann es passieren, dass sie auch den in Schwingung versetzen. Und wenn sie auf ein menschliches Ohr treffen, dann versetzen sie das Trommelfell in Schwingung, das die Signale von dort ins Innenohr weitergibt.
Diese rhythmischen Signale kann das Gehirn blitzschnell deuten. Es erkennt: Da spricht jemand.
Wenn die Person dich kennt, erkennt sie deine Stimme. Wenn nicht, macht sie sich ein Bild von dir. Sie versteht nicht nur die Worte, die du sagst, sondern deutet auch, was zwischen den Zeilen mitschwingt.
Ob deine Stimme dabei direkt aus deinem Mund oder aus einem Lautsprecher kommt, macht (zumindest aus physikalischer Sicht) nur einen kleinen Unterschied.
Sie wandert durch die Luft, und deshalb heißt diese Art von Schall Luftschall.
Schallwellen wandern durch deinen Körper
Natürlich hörst du den Luftschall auch selber, während du sprichst. Die Schallwellen breiten sich ja schließlich in alle Richtungen aus. Dabei kommen sie auch an deinen Ohren vorbei.
Das ist aber nicht alles. Denn du bist ja in diesem Moment selbst die Quelle des Schalls. Er entsteht in deinem Körper. Ich habe schon erwähnt, dass er das Gewebe auf seinem Weg nach draußen mit in Schwingung versetzt, und auch diese Schwingungen setzen sich weiter fort. Das geht so weit, dass der Schädelknochen anfängt zu schwingen, und im Schädelknochen liegt das Innenohr.
Im Innenohr gibt es feine Härchen, die durch das Schwingen des Schädels anfangen, sich zu bewegen. Und das Gehirn interpretiert diese Bewegung als Schall.
Diese Art des Schalls heißt Knochenschall oder Knochenleitung. Es ist im Grunde eine Abkürzung: Du hörst dich nicht über den Umweg der Luft, sondern ganz direkt innerhalb des eigenen Körpers. Deshalb kannst du dich auch weiter hören, wenn du dir beim Reden die Ohren zuhältst. 😉
Unterschiedliche Klangprofile
Die Knochen haben aber andere Schwingungseigenschaften als die Luft. Heißt: Sie mögen bestimmte Frequenzen gerne, in denen sie leicht schwingen können. Andere fallen ihnen schwer. Und die Frequenzen, auf die sie leichter „anspringen“ werden bei der Knochenleitung verstärkt.
Deshalb ist das Klangspektrum der Stimme in der Knochenleitung und im Luftschall unterschiedlich. Im Knochenschall erscheint sie ein bisschen tiefer und dunkler, im Luftschall höher und heller.
Wenn du dich selber hörst, überlagern sich die beiden Schallarten. Hörst du dir eine Aufnahme an, hast du auf einmal nur noch den Luftschall. Die tiefen, dunklen Frequenzen, die du vom Knochenschall kennst, sind weg.
Deine Stimme kennen und lieben lernen
Deshalb ist es anfangs so ungewohnt, wenn man sich auf einer Aufnahme hört. Aber keine Sorge: Je öfter du dir Aufnahmen von dir selbst anhörst, desto vertrauter wird dir deine Stimme.
Ähnlich wie bei Fotos oder Videoaufnahmen (auch die können Anfangs ganz schön ungewohnt sein!), bekommst ein Bild davon, wie du dich für andere Menschen anhörst. Das ist spannend und hilft dir dabei, deine Wirkung einzuschätzen.
Wenn du mit Aufnahmen arbeitest – in einem Podcast zum Beispiel, in Audio-Meditationen, Videos oder als professionelle Sprecher*in, dann wirst du deine Stimme sehr oft hören. Da ist es wichtig, dass du mit ihrem Klang vertraut wirst und dich mit ihr anfreundest.
Probiere es doch einfach mal aus:
- Mach jeden Tag eine kurze Aufnahme, du kannst erzählen, was dir gerade durch den Kopf geht oder auch einen Text vorlesen.
- Dann hör sie dir an und beobachte deine Reaktion. Wie fühlst du dich, wenn du das hörst? Welche Gedanken kommen dir? Was fällt dir auf, im Vergleich zu gestern?
Ich bin mir sicher: Nach einer Woche hat sich dein Verhältnis zu deiner Stimme schon vertieft und verändert.
Sensibilisierung für deine Stimme
Vielleicht fällt dir dabei auch auf, dass die Stimme jeden Tag ein bisschen anders klingt. Wie du dich fühlst, woran du gerade denkst, wie viel Energie du gerade hast – das alles zeigt sich in deiner Stimme. Deshalb ist die Stimme auch ein Weg, um sich selbst näher kennenzulernen.
Sich mit der Stimme beschäftigen, heißt vor allem auch, sich Vorgänge bewusst zu machen, die sonst eher unbewusst ablaufen. Deinen Atem zum Beispiel. Körperhaltung und Spannungszustände im Körper, aber auch Haltungen, Werte und Bedürfnisse.
So findest du heraus, was deiner Stimme guttut, und wie du sie auch bewusst für dich nutzen kannst.
Am besten funktioniert das in Begleitung, mit ganz konkreten Impulsen, Übungen und einer Person an deiner Seite, die dir deine Fragen beantwortet.
Im Frühjahr/Sommer 2024 biete ich in Münster eine Workshopreihe Stimme an. Komm gerne vorbei, wenn du deine Stimme noch besser kennenlernen willst! Oder schreib mir, wenn du Interesse an einer Online-Version in der Zukunft hast.
Das ist ja spannend. Danke für Deine wunderbare Erklärung, liebe Paula Marie.
Liebe Grüße ins Münsterland
Marita
Danke für die Rückmeldung, liebe Marita 😀 In der Woche, nachdem ich diesen Artikel schrieb, ploppte die Beobachtung, dass man auf Aufnahmen irgendwie anders klingt, gleich mehrmals in Gesprächen auf 🙂
Liebe Grüße
Paula