Mein Motto für das Jahr 2024: Spielerische Lockerheit?

von | Jan 15, 2024 | Persönliches | 0 Kommentare

Spielerische Lockerheit – im November kam mir dieser Begriff, und ich hatte gleich das Gefühl: Das könnte mein Motto fürs neue Jahr sein. Ich spürte eine Sehnsucht nach Spiel und Kreativität, nach Fließen und Im-Moment-Sein.

Aber dann kamen mir Zweifel, ob das in dieser Zeit eine Option ist. Rechte Parteien und Gruppierungen sammeln Anhänger und sagen immer offener, was sie denken. Sie hegen Umsturzpläne und bedrohen alle, die nicht in ihr engstirniges Weltbild passen. Da ist nichts mit spielerischer Lockerheit. Das ist Ernst, da muss man was tun.

Außerdem dachte ich an die Menschen, die durch Krieg und Hass von ihren Liebsten getrennt sind, die ihr Zuhause verlassen mussten und auf der Flucht sind, oder die da, wo sie sind, kleingehalten werden? Für sie muss es doch wie Hohn klingen, wenn sich jemand spielerische Lockerheit vornimmt.

Das ist meine Ausgangslage. Indem ich diesen Artikel schreibe, möchte ich erkunden, was spielerische Lockerheit für mich bedeutet, was mich daran so reizt, und wie ich es schaffe, dass es nicht bloß Eskapismus ist, sondern auch Kraft freisetzt, um den ernsten und sehr realen Problemen um mich herum etwas entgegenzusetzen.

Das verbinde ich mit spielerischer Lockerheit

Erstmal war ich von all den Fragen blockiert. Dann habe ich die Farben gesehen, die durch einen großen Zufall noch auf meinem Schreibtisch standen. Statt sie wegzuräumen, fing ich mit einem Bild an und schrieb das Wort „Spiel“ ganz groß in die Mitte. Es ist das Beitragsbild, das du hier oben gesehen hast.

Mich dem Thema auf diese Art anzunähern, war schön, weil ich dabei kaum an das Ergebnis gedacht habe. Ich konnte mich einfach dem Gedankenprozess überlassen, der da auf einmal passierte. Meine Assoziationen habe ich mit Kugelschreiber in das Bild reingeschrieben.

Ein paar von diesen Satzschlangen rolle ich für dich aus. Sie kreisen um die Themen Lebendigkeit, Kreativität, Offenheit und Mut, und sie antworten alle zusammen auf die Frage, was ich mit spielerischer Lockerheit verbinde:

Den Wellen und Windungen folgen, etwas tun, weil es mich ruft, weil es sich richtig, weil es sich JETZT anfühlt, weil JETZT der Moment ist, in dem ich es kann will fühl sehe, jetzt halt, ich muss nicht schon vorher wissen, ob es was wird.

Meinen Ideen vertrauen. Meinem Prozess vertrauen.

Genießen, was ist, und fühlen, was ist, auch wenn es nicht zum genießen ist.

Das Leben an 1. Stelle stellen, immer.

Hingabe ist im Spielen und die Zeit vergessen und alles.

Mich im Detail verlieren, ohne mich festzubeißen.

Bilder im Kopf und Kribbeln überall.

Abenteuer und spüren und Connection und Freude und Lebendigkeit fühlen.
Mich freuen, hüpfen, rennen, schreien, den Hang herunterkugeln
und lange sitzen, ohne etwas zu tun.

Dem Blick, dem ersten Zucken der Hand folgen, der ersten große heißen Liebe und Begeisterung, wissen, dass es dich trägt, immer.

Luft zwischen etwas schaffen, fließen, das eigene Feuer herauslassen, und in der Erde, auf der Erde versinken und wieder heraus wachsen und Sachen machen, die keinen Sinn machen müssen, aber sich jetzt gut, lebendig anfühlen.

Locker, weich bleiben, werden, sein.

Weich bleiben und immer wieder werden und loslassen und fallen lassen und ankommen.

Ernst nehmen, was ernst ist.
Respekt, Empathie, nicht hart werden,
nicht egal, sondern offen, bereit.
Bereit, einer Idee zu folgen.
Bereit, etwas zu tun.

Räume entstehen da, wo man etwas tut, eine Lücke wachsen lassen zwischen A und B.

Weg is in the wilderness, bloß ist die Wildnis nicht Isolation und Eskapismus, sondern sich frei machen, zu sich, zueinander stehen und (neben Kampf) auch echte Verbundenheit finden.

Den Begriff Wildnis, bzw. wilderness hab ich von Brené Brown. So beschreibt sie das Gefühl, wenn man einen Weg beschreitet, auf dem man alleine ist. Man bricht mit den verbreiteten Erwartungen und steht zu dem, was man selbst für richtig hält – auch wenn die meisten anderen das überhaupt nicht nachvollziehen können. Die Unsicherheit dieses Zustands kann richtig beängstigend sein. Aber Brené Brown beschreibt auch, wie auf diesem Weg echte Verbundenheit entsteht. Zu anderen und, ganz besonders, zu sich selbst.

Ein Buch auf einer hölzernen Tischplatte: Brené Brown, Braving the Wilderness.

In diesem Buch beschreibt Brené Brown ihr Konzept der Wildnis.

Die Postkarte von Karin Claus (karindrwaings) passt auch gut dazu. Da steht: „Was ist dir wirklich, wirklich wichtig? Und dann schmeiß dich mit größter Zärtlichkeit und wildem Übermut dort hinein. Das wird genau richtig sein.“

Passt das in diese Zeit?

Wie du siehst, geht es mir um Freude, Kreativität, Lebendigkeit, aber auch um den Mut zum Handeln. Und der ist wichtig in dieser Zeit.

Wenn ich mich im Moment mit den Nachrichten befasse, wird es oft ganz schwer und düster in mir. Meine Stirn zieht sich krampfhaft zusammen. In meinen Schultern ist Spannung und ich atme so, dass man es fast nicht merkt.

Ich kann das nicht einfach vermeiden. Ich will und muss mich mit dem beschäftigen, was um mich rum passiert. Manchmal versinke ich zwar in meinen Projekten und kriege gar nichts mehr mit. Aber das finde ich nicht gut. Ich gebe mir Mühe.

Nur, wie werde ich aktiv, aus dieser Nachrichten-Starre heraus, wenn sich alles nur hoffnungslos anfühlt? Ich brauche doch meine Lebendigkeit, meine Kreativität und meine Ideen, um einen Weg zu sehen.

Vielleicht ist „spielerische Lockerheit“ nicht ganz der richtige Begriff für das, was ich suche. Noch habe ich keinen besseren, aber ich glaube, das, was für mich dahintersteckt, brauchen wir dringend in dieser Zeit. Wir alle.

Vielleicht geht es ja genau darum: dass wir einen Weg sehen. Einen Weg, wo (noch) keiner ist. Der Weg entsteht ja beim Gehen, aber zuerst muss man ihn sehen oder wenigstens glauben, dass er entstehen kann.

Was heißt das konkret im Alltag?

Einen Weg sehen und spielerische Lockerheit – was kann das im Alltag bedeuten? Dazu habe ich 10 Ideen entwickelt, als Ausgangspunkt für das Jahr.

1. Auf jeden Fall heißt es, dass ich meiner Kreativität Raum gebe, und mich in neuen Feldern ausprobiere. Ich habe zum Beispiel Lust, mal wieder Improtheater zu machen, weiter Contact Impro zu tanzen und vielleicht begegne ich ja endlich meiner Angst vor dem Singen. Das sind meine ganz persönlichen, kreativen Herausforderungen.

2. Auch in meiner Arbeit, als Sprecherin ist das etwas, was ich weiter kultivieren möchte: Spielerische Lockerheit im Körper, Offenheit, Kreativität und Neugier im Geist, wenn ich mich auf einen Text einlasse oder mit anderen zusammen performe. Ich möchte mir aktiv neue künstlerische Herausforderungen suchen.

3. Bei all dem möchte ich wirklich auf meinen Prozess und auf meine Kreativität vertrauen. Mich nicht stressen lassen von den Bewertungen, die das Ergebnis vielleicht bekommt. Und auch nicht von meinen Selbstzweifeln.

4. Ich will nichts mehr mitmachen, was ich nicht fühle, nicht verstehe oder nicht wirklich gut finde.

5. Wenn es um meine Ideen und Projekte geht, möchte ich weniger zögern und zweifeln und mehr ausprobieren, mit einer neugierigen, fehlerfreundlichen Haltung. Ich muss nicht vorher wissen, ob es klappt. Ich kann es probieren, und wenn es nicht klappt, ziehe ich meine Schlüsse daraus und probiere es nochmal.

Eine Postkarte mit einem kleinen, gezeichneten Vogel und einem handschriftlichen Text.

Auch dafür hat Karin eine Postkarte. Da steht: „Börds super Leitfaden: How to treff Entscheidungen. Es geht folgendermaßen: 1) Mach was. 2) Steh dazu. 3a) Wenns blöd ist, wirst Du es merken. Dann mach neu. Bis es gut ist. (Das wirst Du merken.) 3b) Wenns gut ist, wirst Du es auch merken. Dann mach mehr davon. Dann isses auch gut für se wörld. Easy.

6. Wenn ich mit Kritik oder Konflikten konfrontiert bin, möchte ich weich bleiben. Nicht gleich in den Kampfmodus gehen, sondern versuchen, in Verbindung zu bleiben. Offen bleiben für das, was die andere Person mir sagen will. Handlungsfähig bleiben.

7. Ich möchte mich öfter trauen, selbst die Initiative zu ergreifen. Widersprechen, wenn jemand etwas Diskriminierendes sagt. Hilfe anbieten. Nachfragen.

8. Die Schwere, die mich beim Nachrichten lesen befällt, will ich immer mehr umwandeln lernen, in Ausdruck, vielleicht in Wut, und vor allem in Handlungen. Das heißt auch, dass ich mit anderen mehr über die Nachrichten, und das, was dazu in mir vorgeht, reden will. Das ist etwas, was mir schwerfällt, aber ich übe es und werde mutiger.

Mein Schreibtisch mit Laptop, Schreibsachen, Kopfhörern und einem pinken Buch mit den Buchstaben MUT.

Der Mutplaner der radikalen töchter hilft mir bei allem, was mit Mut und politischem Handeln zu tun hat.

9. Meinen Alltag will ich immer wieder unterbrechen, um einer spontanen Idee oder einem plötzlichen Bedürfnis nachzugehen. Weg vom disziplinierten Abarbeiten und hin zu einem sprunghaften, intensiven und ganzheitlichen Arbeitsprozess.

10. Ich will spüren, was gerade passiert – Körper, Gefühle, Gedanken, den Kontakt mit mir enger werden lassen und mit anderen in Resonanz gehen.

Paula in einem hellblauen Kapuzenpulli, mit entspanntem Lächeln.

Bei Nr. 10 hilft mir das Body Mind Centering. Das wirkt immer lange nach. Im Februar findet das zweite Fortbildungswochenende statt!

Spielerische Lockerheit als Motto für 2024?

Mein Eindruck ist, dass der Begriff spielerische Lockerheit gut passt, wenn es um kreative Prozesse geht. Die gehören zu meinem Alltag dazu, und ich möchte ihnen gerne noch mehr Raum geben.

Aber ich verbinde auch Dimensionen mit diesem Begriff, die vielleicht nicht ganz so offensichtlich sind: Das weich bleiben und im Kontakt bleiben in der Kommunikation und den Mut, in die Wildnis zu gehen.

Ich will ehrlich sein: Ganz zufrieden bin ich mit dem Begriff noch nicht. Ich habe noch keinen besseren, also nehme ich all das mit, so wie es jetzt ist.

Wie ist das bei dir, was verbindest du mit spielerischer Lockerheit? Fällt dir noch ein anderer Begriff dafür ein? Ich freue mich sehr, wenn du mir deine Gedanken in einem Kommentar mitteilst.

Alles Liebe und einen guten Start in das neue Jahr
Paula

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