Das Heft in der Hand halten…
Hä, was denn für ein Heft? Ein Schulheft?
Nicht ganz! „Heft“ ist ein altes Wort für Griff. Zum Beispiel der Griff von einem Werkzeug. Wer den hat, kann was bewegen. Zum Beispiel ein Regal an die Wand schrauben.
Die Richtung vorgeben
Wer das Heft in der Hand hält, steuert. Das kann man auch auf Gespräche übertragen. Das „Heft des Gesprächs“. Und was ist das?
Fragen zum Beispiel. Sie steuern das Gespräch sehr stark, weil sie eine Richtung vorgeben. Auf eine Frage folgt eine Antwort. Am allerbesten eine, die zur Frage passt.
Das kannst Du für Dich nutzen: „Ist ja spannend, und wie war das als Du…?“ So lenkst Du das Gespräch in die Richtung, die Dich interessiert.
Das Heft wandert von Hand zu Hand
Wenn ihr euch auf Augenhöhe begegnet, wandert das Heft meistens hin und her. Mal stellst Du eine Frage, mal antwortest Du. Bleibt es die ganze Zeit nur bei einer Person, kann es zu einem Ungleichgewicht kommen. Vielleicht fühlt sich jemand „ausgefragt“. Vielleicht erzählt die gefragte Person einfach ohne Ende. So zeigt sie sehr viel von sich, erfährt aber nichts über die anderen.
Vielleicht merkst Du das Ungleichgewicht auch daran, dass sich das Gespräch schwer anfühlt. Anstrengend. Eine Irritation, die Du nicht sofort einordnen kannst.
Ich finde das Bild des „Hefts“ sehr spannend. Es ist im Gespräch mit einer Kundin beim 1 : 1 Kommunikationstraining entstanden. Sie hatte das Problem, dass Gespräche mit Fremden oft einseitig blieben. Das Fragen fiel ihr leicht, also hat sie immer viel gefragt und sich gewünscht, dass sie auch mal etwas zurück gefragt wird. Das passierte aber nicht.
Also hat sie sich vorgenommen, das „Heft des Gesprächs“, wenn es ihr zu schwer wird, einfach mal auf den Tisch zu legen und abzuwarten, was passiert. Vielleicht fällt es anderen ein bisschen schwerer, es zu ergreifen und sie brauchen einen Moment Zeit und eine gute Gelegenheit… Vielleicht muss sie es erst abgeben, damit jemand anderes es ergreifen kann. Wer weiß!
Fragen und Aussagen kombinieren
Zu der Frage, wer im Gespräch das Heft in der Hand hält, passt das Konzept der Sprecheroperationen nach Elmar Bartsch (Bartsch/Marquart, Grundwissen Kommunikation, Klett 1999, 49-52). Demnach können Fragen sehr förderlich für ein Gespräch sein. Aber wenn sie gehäuft auftreten, verschieben sie die Machtbalance zugunsten der Fragenden. Sie steuern dann so sehr, dass es für andere schwierig wird, ihre eigenen Gedanken einzubringen.
Das gilt übrigens ebenso für Informationen, Wertungen, Gefühlsäußerungen etc., wenn sie gehäuft und nur von einer Person geäußert werden. Bartsch bezeichnet die verschiedenen Arten von Äußerungen als Sprecheroperationen.
Ein Weg, um das Gespräch in der Balance zu halten: kombiniere verschiedene Sprecheroperationen miteinander. So kannst Du selbst dafür sorgen, dass das Heft des Gesprächs hin und her wandert. Du bist nicht mehr so abhängig davon, was deine Gesprächspartner*innen tun.
Zum Beispiel:
- Information + Frage – Das habe ich auch schonmal probiert, aber bei mir hat es nicht geklappt. Wie hast du das gemacht?
- Wertung + Frage – Ich fand den Film großartig, und Du?
- Gefühlsäußerung + Information + Frage – Ich freue mich so, dass Du mir das erzählst. Ehrlich gesagt, geht es mir genauso. Hast Du eine Idee, was wir da machen können?
Da gibt es natürlich noch viel mehr Möglichkeiten!
Was fällt Dir leichter?
Wie ist das bei Dir: Fällt Dir das Fragen leichter oder das Erzählen? Verwendest Du schon kombinierte Sprecheroperationen?
Lass mir gerne einen Kommentar da, ich freue mich immer riesig, von meinen Leser*innen zu hören. Wenn Du Fragen hast, beantworte ich sie gerne per Mail, Kommentar oder in einem weiteren Blogartikel!
Bis dann alles Liebe
Paula
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